Also kümmerten wir uns erst mal um den Motor. Der rührte sich nicht ein bisschen. Als erstes hatten wir Öl in die Zündkerzenöffnungen gesprüht, mehrere Tage einwirken lassen und das Fahrzeug immer mal wieder mit eingelegtem Gang hin und her bewegt. Ohne Erfolg. Dann bauten wir Krümmer und Vergaser ab und versuchten es von der Seite aus mit Öl. Da die Kolben fast auf gleicher Höhe standen und dadurch die Auslassöffnungen verschlossen waren, kamen wir aber nicht weit. Durch die Vergaseröffnung gelangt man zwar ins Kurbelgehäuse, doch wieviel Öl will man denn da rein füllen um eine Wirkung zu erzielen, zumal sich ja nichts bewegt was das Öl verteilen konnte. Nach Tagen rührte sich der Motor immer noch nicht und wir beschlossen mal die Zylinderköpfe abzubauen, um evtl. doch noch den Grund für das Festsitzen erkennen zu können. Doch das brachte auch nichts und wir machten uns ans Ausbauen des Motors. Der Ausbau eines Trabantmotors ist nicht so’ne grosse Sache. Zu DDR-Zeiten wurde sowas auf der Straße vor der Haustür gemacht. Nach einer viertel Stunde war alles abgeschraubt und der Motor konnte vom Getriebe getrennt werden. Leider ließ er sich nicht heraus heben, da der Vorbesitzer zur Verbindung Stehbolzen verwendet hatte. So was geht, wenn die komplette Antriebseinheit nebst Hilfsrahmen einzeln ist, aber nicht in eingebautem Zustand. Während die anderen noch überlegten wie wir den doch noch heraus bekommen würden, kam mir eine Idee! Versuch doch mal an dem freiliegenden Zahnkranz zu drehen. Einen grossen Schraubenzieher geholt, angesetzt und über einen der Stehbolzen gehebelt. Erst zaghaft, doch dann mit etwas Nachdruck und siehe da, die Schwungscheibe bewegte sich. Erst zögerlich, doch dann immer leichter. Er war wieder frei. Aber da wir ihn schon so weit ab hatten, wurde er doch noch heraus genommen. So konnte wir auch noch die Kupplung prüfen. Diese schien in Ordnung zu sein und wir bauten den Motor wieder ein, nicht ohne vorher die störenden Stehbolzen zu entfernen.

Trabant 601 Universal

- Aufbereitung -

(Dezember 2021)

Nachdem alles wieder zusammengeschraubt war, wagten wir eine „Drehversuch“. Batterie rein und am Zündschlüssel gedreht. Nichts, nur ein leises klacken. Mist, der Anlasser. Den Anlasser ausgebaut und durch einen aus dem Regal ersetzt. Am Zündschlüssel gedreht (!) und siehe da, er dreht ohne Probleme. Da der Tank die lange Standzeit nicht überstanden hatte, suchten wir nach einem kurzfristigen Ersatz. Da kam uns der Tank der Sirokko-Heizung in den Sinn. Kurzerhand am Radkasten hinter dem rechten Scheinwerfer befestigt, Benzinschlauch gelegt (direkt, ohne Benzinhahn) und Spritt drauf. Ein kurzer Blick in den Ansaugkrümmer am Vergaser ob die Schwimmernadel schliesst und einen Startversuch gemacht. Zwei, drei Umdrehungen und er ist angesprungen. Super, nach über 28 Jahren Stillstand (Abmeldung erfolgte 1994!).

Wenn so ein neues Fahrzeug kommt, dass in recht gutem Zustand ist, sagen wir immer, wir machen nur das Nötigste. Es muss verkehrs- und betriebsbereit sein, bekommt noch ein paar Verschönerungen und fertig. Meistens geben wir unser Vorhaben schon nach den ersten Stunden auf, nehmen ihn doch komplett auseinander und bauen ihn von Grund auf neu auf. Bei diesem Trabant werden wir das wahrscheinlich aber so durchziehen. Motor  und Bremsen sind zwar fest, der Rest ist aber top in Ordnung!

Erste Fahrt nach über 28 Jahren!

Da er schon mal lief, wurde natürlich gleich eine Probefahrt gemacht. Nur Vorsichtig, da ja die Bremsen nicht so recht wollten. Er lief super, die Kupplung versah auch ihren Dienst und alle Gänge liessen sich schalten. So drehten wir ein paar Runden auf dem Hof, bevor es wieder in die Werkstatt ging.

Das neue Jahr hatte begonnen und wir rückten dem nächsten Problem zu Leibe, der Bremse. Wie schon in „Sichtung“ erwähnt, ließ sich das Bremspedal erst nach erheblichem Kraftaufwand betätigen, was auf festsitzende Rad- bzw. Hauptbremszylinder schliessen lies. Bei der Probefahrt auf dem Hof bestätigte sich die Einschätzung. Trotz mehrmaligem heftigen Treten und schleifen lassen der Bremse, war nur rechts eine Bremswirkung zu spüren. Also alles auf machen und nachsehen. Nach der langen Standzeit war sowieso ein umfangreicher Bremsencheck notwendig. Zum Glück haben wir ja eine mobile Hebebühne aus DDR-Zeiten und konnten das Ganze in unserer beheizten „Kammer“ machen. Räder abgeschraubt und mittels Abzieher die Radnabe nebst Bremstrommel abgezogen. So hat man mehr Patz um an der Bremse montieren zu können. Nachdem wir alle auf hatten sahen wir ein anderes Problem. Die Bremsen sahen alle noch recht gut aus, nur vorn links war alles recht verölt. Die Ursache für das Öl, was sich dann als Fett rausstellte, war ein undichter Simmerring zur Antriebsachse. Dort war auch noch die alte Ausführung mit Schraubgehäuse verbaut. Da wir einige Ersatzteile vorrätig haben, war es aber nicht schwer den verschlissenen Simmering durch einen neuen (gut erhalten und noch weichen aus DDR-Produktion) zu ersetzen. Der Vorbesitzer hatte allgemein nicht mit Fett gespart, was bei so einem Trabant nichts falsches ist, wenn man es nicht übertreibt!

Nachdem nun alle Bremsen demontiert und begutachtet waren, ging es ans Aufbereiten bzw. Austauschen. Bremsbacken, Versteller und Federn waren alle noch brauchbar und konnten wieder verwendet werden. Anders sah das bei den Radbremszylindern aus. Alle waren fest gerostet, bis auf den oberen, vorn rechts. Der schien auch die beim Fahren gespürte Bremswirkung erzeugt zu haben! Eigentlich kaufen wir in so einem Fall einen kompletten Satz Radbremszylinder-Nachbauten eines namhaften Herstellers, doch wir durchforsteten erst mal unser Ersatzteillager, das sich in den letzten Monaten durch Zulauf  neuer und gebrauchter Teile (auch Bremse) vergrössert hatte. Dort fanden wir noch brauchbare und auch neue Radbremszylinder. Alle wurden überprüft, gereinigt ggf. aufgearbeitet und mit neuen Manschetten versehen. So konnten sie eingebaut werden. Auch der Hauptbremszylinder wurden komplett zerlegt, gereinigt, defekte Teile getauscht und wieder zusammen gebaut. Nachdem alles wieder montiert war, wurden die Rohrleitungen mit Bremsenreiniger durchgespült und von Aussen auf schadhafte Stellen geprüft. Danach ging es ans Entlüften. Erst die Bremsen hinten, dann vorn rechts, vorn links und zum Schluss der Hauptbremszylinder, bei dem noch der Verteiler der Einkreisbremsanlage verbaut war.

Ob wir gut gearbeitet haben, wird sich nach einer Bremsprüfung, bei einer späteren Probefahrt herausstellen. Doch vorher sind noch einige andere Dinge zu erledigen.

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